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„WAS GIBT’S ZU ESSEN?“ – INTERVIEW MIT AMD-STUDENTIN CRISTINA MORALES

Ein weiteres erfolgreiches Kooperationsprojekt zwischen dem Straßenmagazin fiftyfifty und der AMD Akademie Mode & Design Düsseldorf ist im Herbst 2020 erschienen. Achtzehn Studentinnen haben für ihr Buch „WAS GIBT‘S ZU ESSEN“ die Vielfalt des Kulturthemas Essen entdeckt. Die erfolgreiche Künstlerin Rosemarie Trockel spendet eine Sonderedition als Exlibris, zahlreiche Köche wie Tim Raue und Christian Rach haben Rezepte und Fotos beigesteuert. Und das alles kommt wohnungslosen Verkäuferinnen und Verkäufern von fiftyfifty zugute.

Für dieses Interview trafen sich die beiden Fashion Journalism & Communication (B.A.) Studierenden Cristina Morales und Dennis Schneider, via Zoom-Meeting. Cristina Morales (26), die zu den achtzehn Studierenden des Projektes gehört, war für die Bildredaktion zuständig und kümmert sich über die nachträgliche Vermarktung. Im Interview spricht sie über die Entstehung der Kooperation, den Redaktionsalltag und die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte des Kochbuchs.


Wie entstand die Kooperation mit „fiftyfifty“?
Unsere Projektleiterin Ina Köhler und die AMD Düsseldorf arbeiten schon sehr lange mit fiftyfifty zusammen. Marken- und Kommunikationsdesign (B.A.) Studierende haben bereits in den Vorjahren Plakate für die Organisation entworfen. Wir Modejournalismus-Studierenden kooperierten bereits in den letzten Jahren mit fiftyfifty, für mehrere Magazin-Projekte. Durch die Corona-Pandemie entstand die Idee, etwas außergewöhnliches zu entwickeln. Für durften also nicht nur ein Magazin, sondern ein 126-seitiges Buch gestalten.

Nenn bitte drei Adjektive, die dieses Buch am besten beschreiben.
Kreativ, vielseitig und humorvoll. Wobei der dritte Begriff sich nicht auf jeden Artikel übertragen lässt. Aber zumindest auf einen Teil davon. Also vordergründig steht „Was gibt’s zu Essen“ für Vielseitigkeit, weil wir eben so eine bunte Mischung rund um das Thema Food bespielen. Sowohl durch die Themen, aber auch durch die verschiedenen Rezepte von Foodbloggern und Star-Köchen.

Wen möchtet ihr mit diesem Buch ansprechen?
Ganz breit gefächert, sowohl jung als auch alt. Deswegen haben wir Foodblogger an Bord wie z. B. Sofia Tsakiridou. Sie ist auf Instagram recht bekannt und hat auch selbst ein Kochbuch. Daher hat sie ganz gut reingepasst. Aber auch für diejenigen, die noch mehr TV schauen, sind Rezepte von Promi-Köchen dabei. Das sind jetzt Köche, die vielleicht meiner Generation nicht gleich sofort bekannt sind, aber vielleicht unseren Eltern. Wie zum Beispiel Christian Rach, der uns auch gleich zwei Rezepte zur Verfügung gestellt hat. Aber auch noch viele andere Köche wie Tim Raue oder Björn Swanson haben uns mit ihren Rezepten unterstützt.

Wie sah euer Redaktionsalltag aus?
Wir haben gemeinsam mit drei Dozierenden das Buch entwickelt. Das Semester war quasi interdisziplinär. Wir nahmen an drei Vorlesungen teil die sich mit diesem Projekt beschäftigt haben. Redaktionsmanagement, Journalismus- und Medienformate und Digital Media Tools (also alles, was mit der grafischen Umsetzung zu tun hatte). Dann haben wir uns wie in einer richtigen Redaktion in Gruppen und Zweierteams aufgeteilt, sodass jeder gewisse Aufgaben übernahm.

Welche Aufgaben gab es zu erfüllen ?
Es gab unter anderem einen Chefredakteur, eine Bild-Redaktion, ein Social-Media-Team und Leute, die für das Marketing zuständig waren. Unsere beiden Studiensprecherinnen Magdalena Kluth und Sophia Haßhoff haben sich stark darum gekümmert, dass alle Artikel und das Material rechtzeitig zu den Deadlines da waren.

Wie habt ihr die größte Hürde – die Corona-Pandemie – gemeistert? Konntet ihr euch trotzdem persönlich treffen?
Im Großen und Ganzen haben wir das Buch auf digitalem Wege produziert. Es gab zwei Treffen innerhalb der Redaktion. Diejenigen, die nicht persönlich dabei sein konnten, weil sie z. B zur Risiko-Gruppe zählen, haben dann einfach nachträglich Informationen bekommen. Für die Schlussredaktion haben wir uns zweimal in Präsenz gesehen. Dort wurden noch mal alle Seiten zusammen angeschaut.

Ihr habt wahrscheinlich viel Zeit investiert?
Auf jeden Fall! Nicht nur wir, sondern auch unsere Dozierenden. Sie haben sich wirklich intensiv mit unseren Texten beschäftigt. René Linke hat sich beispielsweise stundenlang während seiner Freizeit mit mir ans Telefon gesetzt, sodass wir Satz für Satz, Wort für Wort und Buchstabe für Buchstabe durchgehen konnten. Aber auch Uwe Stoklossa, der uns beim Grafikdesign unterstützte, saß am Ende stundenlang vor dem Rechner, um das Buch auch so druckbereit zu machen, dass wir es dem Geschäftsführer von fiftyfifty vorstellen konnten.

Inwieweit wart ihr konzeptionell frei bei der Themenauswahl und Gestaltung des Buches?
fiftyfifty war ein toller Kooperationspartner. Sie haben uns viel Freiraum für die Konzeption gelassen und das Projekt total unkritisch übernommen. Das Buch kam bei unserer Vorstellung mit dem Geschäftsführer Hubert Ostendorf sehr gut an.

Gab es sonst keine Anmerkungen vonseiten der Projektpartner?
Klar gab es ein paar kleine Anmerkungen. Bereits während unserer Buchentwicklung, dass wir zum Beispiel für die Rezepte, noch mehr auf Promi-Köche zugehen sollten. Die Zielgruppe erweitern. Das war uns in der Gruppe erst mal nicht so klar, aber letztendlich natürlich ein wichtiges Verkaufsargument.

Welche inhaltlichen Themen bespielt „Was gibt’s zu Essen?“?
Wir wollen mit diesem Buchprojekt den Straßenverkäuferinnen und -verkäufern noch mal etwas Zusätzliches geben, das sie zum Kauf anbieten können. Das heißt, nicht nur das Straßenmagazin, sondern etwas Außergewöhnliches, dass noch mehr Leute zum Kauf anspricht und den Wohnungslosen zugutekommt. Generell wollten wir nicht nur die schönen Seiten von Essen thematisieren, sondern haben uns auch mit Themen wie Hunger und der Tafel auseinandergesetzt. Auch welchen psychologischen Aspekt Essen mit sich bringt, dass es zum Beispiel eine Belohnung sein kann, aber auch gesellschaftskritische Themen wie Essen und Krankheiten oder wie die Nahrungsmittelindustrie derzeit immer mehr auf künstliche Geschmacksaromen setzt.

Was sind für dich die Highlights des Buches?
Zum einen das Interview mit Hubert Ostendorf, dem Redakteur und Geschäftsführer von fiftyfifty. Was viele nicht wissen, fiftyfifty vertreibt nicht nur das Wohnungslosen-Magazin, sondern versteigert Kunstwerke für den guten Zweck, darunter Werke von Gerhard Richter oder Peter Lindbergh. Außerdem finde ich die Reportage von Mara Werdin sehr spannend, die sich mit Kannibalismus auseinandergesetzt hat, und den Artikel über erotisches Essen von Nathalie Djamila Noll.

Inwiefern behandelt ihr den Aspekt, „das tägliche Brot“ wertzuschätzen?
Wir widmen uns in einem Kapitel komplett dem Thema: Unser täglich Brot. Dazu passend die Typologie über Brot, die ich geschrieben habe und ein Rezept von der österreichischen Bestseller-Kochbuchautorin Karin Stöttinger. Darunter Aspekte, wie wir Menschen mit Essen im Alltag umgehen. Wichtige Themen wie Armut und Hunger werden nicht stillgeschwiegen. Ich würde sagen, das Thema Brot zieht sich eigentlich immer wieder durch das Buch und symbolisiert somit den sozialen Aspekt des Buches ganz gut.

Wie fühlt es sich an, so ein visuell cooles Projekt zu entwickeln, das zeitgleich einen sehr wichtigen sozialen Aspekt mitbringt?
Es fühlt sich, wie du schon sagst, sehr gut an. Ich fand es spannend, dass wir vom Aspekt Mode wegkamen und in eine ganz andere Welt eingetaucht sind. Da man über den Charity Aspekt in Verbindung mit kreativer Arbeit noch mal ganz anders die Menschen erreichen kann.

Welche positiven Erfahrungen nimmst du persönlich mit?
Ich wollte schon immer mal ein Kochbuch machen. Daher habe ich mir auch einen kleinen persönlichen Wunsch erfüllt und war dementsprechend motiviert. Ansonsten nehme ich als positive Erfahrung mit, dass ich anderen eine Freude damit machen kann. Sowohl den wohnungslosen Verkäuferinnen und Verkäufern als aber auch meinem persönlichen Umfeld, denn das Buch eignet sich super als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk. Ich finde die aufwendige Arbeit hat sich wirklich gelohnt.

Wie geht es weiter? Wie wird das Buch jetzt vermarktet?
Wir stehen bereits im Kontakt zu den lokalen Medien in Düsseldorf, dort werden weitere Veröffentlichungen folgen. Wir möchten aber das jeder weiß, dass unser Buch natürlich überall im deutsch-sprachigen Raum online erhältlich ist. Das heißt, man kriegt das Buch nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Internet, und man spendet somit trotzdem einen Teil für den guten Zweck. Da aufgrund der aktuellen Lage leider kein Presse-Event stattfinden kann, möchten wir das Kochbuch deshalb in Form von Online-Marketing an eine größere Reichweite bringen. Auf Social Media ist bereits ein Koch-Video zu den Rezepten geplant.

Das Buch ist neben dem Straßenverkauf, online über den fiftyfifty-Shop erhältlich:

https://www.fiftyfifty-galerie.de/shop