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Kooperation mit Hinz&Kunzt: Hamburger AMD-Studierende über ihr Projekt im Studiengang Produkt Design (B.A.)

May und Phil studieren im zweiten und vierten Semester Produkt Design (B.A.) am AMD-Standort Hamburg. Die beiden lernten sich bei dem gemeinsamen Projekt für das Straßenmagazin Hinz&Kunzt kennen, das im letzten Semester umgesetzt wurde. Als Hommage an den kürzlich verstorbenen italienischen Designer Enzo Mari (1932-2020) haben die beiden innerhalb ihrer Semesterkurse Stühle und Puzzles des Künstlers nachgebaut. Die Produkte werden nun im Shop des Straßenmagazins Hinz&Kunzt vertrieben und somit dem guten Zweck gespendet. Im Interview erzählen die zwei mehr über das Projekt, inwiefern Enzo Mari sie als Designer inspiriert und was sie als angehende Produktdesigner:innen motiviert.

Ihr beide studiert Produkt Design (B.A.) in Hamburg. Woher kommt Euer Interesse an Produktdesign?

May: Ich habe mich schon immer für Kunst und Design interessiert. Nachdem ich mein Abitur mit dem Themenschwerpunkt Medien gemacht hatte, war mir klar, dass ich auch beruflich etwas Gestalterisches machen möchte. Anstelle von Grafikdesign wollte ich eher in Richtung Objektdesign gehen. Letztendlich habe ich genau diesen Studiengang an der AMD gefunden, der alles abdeckt, wofür ich mich begeistere.

Phil: Mein Interesse an Produktdesign hat sich bereits im Grundschulalter gezeigt. Mein Cousin führt eine Agentur und hat schon damals oft mit mir gezeichnet. Ich war davon immer sehr begeistert, wie er Objekten eine Form gab und mir erklärte, warum diese Objekte diese Form bekamen. Nach meinem Abitur habe ich erstmal mit Reisen, Arbeiten und Praktika verbracht. Während dieser Zeit wurde mir der Nachhaltigkeitsgedanke immer wichtiger. Wir leben in einer globalen, von Konsum geprägten Welt. Ein gutes, nachhaltiges Design kann nicht alle unsere Umwelt- und Sozialprobleme lösen, aber einen Teil dazu beitragen, Statements setzen und mittel- bis langfristig ein gesellschaftliches Umdenken bewirken. Das Entwerfen nachhaltiger Produkte – aus ökologischer sowie sozialer Sicht – ermöglicht mir, einen gesellschaftlichen Beitrag zu positiven Veränderungen zu leisten. Ich finde, dass ein Produktdesigner Verantwortung für seine Produkte, die Umwelt und Gesellschaft übernehmen muss. Ich kann zwar nicht ändern, dass die Menschen konsumieren, aber ich kann beeinflussen, welche Produkte konsumiert werden. Als Design-Student werde ich täglich dazu aufgefordert, über den Tellerrand hinaus zu schauen, mich stets neu inspirieren zu lassen und die Welt schlussendlich ein Stück zu verbessern.

Ihr durftet letztes Semester ein besonderes Projekt umsetzen. Wie entstand die Idee und wie seid Ihr dabei vorgegangen?

Phil: Die Idee entstand während einer Vorlesung von Prof. Eric Pfromm, der über den im Oktober 2020 an / mit Covid verstorbenen italienischen Designer Enzo Mari sprach. Ich habe dann die Frage in den Raum geworfen, warum wir nicht einfach die Stühle aus seinem Werk „Autoprogettazione?“ (das 1974 veröffentlichte Buch, das 19 Möbelentwürfe aus einfachen Mitteln zum selbst nachbauen, beinhaltet) nachbauen und dann verkaufen, um den Erlös einem guten Zweck zu Gute kommen zu lassen. Die Euphorie war groß, denn wir waren endlich wieder in Präsenz und konnten nach einem halben Jahr Online-Unterricht zurück in die Werkstatt. Gemeinsam mit den Dozenten haben wir in kleinen Gruppen dann innerhalb von fünf Unterrichtseinheiten insgesamt fünf Stühle zusammen gezimmert. Anschließend nahmen wir Kontakt mit dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt aus Hamburg auf und schließlich kamen auch schon die „Ersties“ mit ins Boot.

May: Genau! Während Phils‘ Semester die Stühle nachbaute, durften wir „Ersties“ uns von Maris‘ Tier-Puzzles inspirieren lassen und damit Teil des Projektes werden. Diese Puzzles ergeben ineinander gelegt eine fast lückenlose Form. Das Ganze hört sich im ersten Moment leichter an, als es eigentlich ist. Denn die Figuren so anzuordnen, dass sie wirklich nahezu lückenlos ineinander schließen und gleichzeitig Sinn und Form ergeben, war eine echte Herausforderung. Mari fertigte ursprünglich Wasser und Landtiere aus Eichenholz, wir haben stattdessen mehrere Themen bespielt und sie aus farbigem Plexiglas produziert. Diese tollen, unterschiedlichen Motive sind nun exklusiv im Hinz&Kunzt-Shop erhältlich.

Gemeinsame Arbeit in der AMD-Werkstatt (Fotocredits: Kurs PRD2 / PRD3 AMD Hamburg)

Kanntet Ihr Euch zuvor und inwiefern habt Ihr zwischen den Semesterjahrgängen zusammengearbeitet?

Phil: Leider kannten sich nur wenige von uns von dem Semester-Opening. Die Erfahrung, die ich damals in meinem ersten Semester machen durfte – mit Kiez-Touren, Weihnachtsfeier etc. – blieb für die neuen „Ersties“ dank Corona leider aus. Ich habe es damals sehr genossen, Studierende aus den höheren Semestern in der Werkstatt anzutreffen, um mich mit ihnen auszutauschen.

May: Ja, wie Phil bereits erwähnte, blieben diese Treffen bei uns fast gänzlich aus, wodurch wir uns beide vor dem Projekt leider noch nicht kannten. Umso schöner war es, die anderen Studierenden durch das gemeinsame Projekt kennenzulernen und gemeinsam etwas so Cooles auf die Beine zu stellen.

Fiel es Euch durch die zugänglichen Entwürfe von Mari leichter die Stühle nachzubauen?

Phil: Nicht unbedingt. Die Baupläne wurden mit dem Ziel veröffentlicht, dass jeder seine „Autoprogettazione?“ mit primitivsten Mitteln nachbauen kann. Baupläne ohne Aufbauanleitung sollten dem Nutzer einen kreativen Freiraum im Zusammenbau ermöglichen und ihn zugleich dazu zwingen, sich mit dem Produkt aktiv zu beschäftigen, um es zu verstehen. So wussten wir beispielsweise nicht, an welche Stelle ein Loch zum Bohren gehörte. Das bedeutete, wir mussten auch selbst ordentlich tüfteln.

Enzo Mari hat eine große Lücke für die Design-Welt hinterlassen. Was macht sein Design so besonders?

Phil: Sein Pioniergeist. Er gestaltete, um seine Mitwelt positiv zu verändern. Durch sein Open-Source-Design stellt er den kommerziellen Nutzen hinter den gesellschaftlichen. Soll heißen: Er kreierte gutes Design für jedermann – egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht.

May: Dem kann ich mich nur anschließen, er war für seine Zeit sehr innovativ und „anders“. Damit hat er die Designwelt positiv beeinflusst, für immer.

Eine Auswahl der Ergebnisse des Projektes (Fotocredits: Kurs PRD2 / PRD3 AMD Hamburg)

Inwiefern können Nachwuchs-Designer:innen von seiner Philosophie und seinem Design-Prinzip lernen?

May: Er zeigte, dass ein Design vielfältig einsetzbar, aber minimal und zeitgleich effektiv sein kann. Damit brachte er Design nicht nur einer bestimmte Zielgruppe näher, sondern machte es außerdem universell. Das sind alles Aspekte, die auch wir als Nachwuchs-Designer immer im Hinterkopf behalten sollten.
Eine bekannte Weisheit lautet „Design sollte immer zum Positiven des Menschen beitragen“. Nicht nur mit Eurem Design, sondern auch mit dem Erlös tragt Ihr eindeutig zu Positivem bei. Habt Ihr bereits Verkäufe erzielen können und wie geht es weiter?

Phil: Ja, das haben wir. Einige Puzzle sind bereits in doppelter Ausführung verkauft worden und wir sind gerade dabei, eine mögliche Nachproduktion zu organisieren. Die Begeisterung bei Hinz&Kunzt war so groß, dass sie schließlich eine Ausstellung vom 19.  – 30. April 2021 im „Freiraum“ des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg organisiert haben. Und auch in diesem Jahr wird erneut eine Kooperation zwischen der AMD Hamburg und Hinz&Kuntz zustandekommen.

Seid Ihr bisher zufrieden mit Eurem Studium an der AMD und würdet Ihr den Studiengang Produkt Design (B.A.) anderen Interessierten weiterempfehlen?

May: Auch, wenn durch Corona im Moment natürlich sehr viel praktisches Arbeiten auf der Strecke bleibt (so wie überall), bin ich bisher zufrieden mit meinem Studium. Ich freue mich aber, wenn es wieder ans praktische Arbeiten geht und Präsenzunterricht stattfinden kann, da dies meiner Meinung nach einen großen Reiz dieses Studienganges darstellt.

Phil: Auch ich bin immer noch begeistert von meinem Studium an der AMD. Selbst in Corona-Zeiten fühlt man sich von der Hochschule unterstützt und bestens betreut. Ich kann jedem diesen vielfältigen Studiengang nahelegen, der handwerklich interessiert ist und voller kreativer Ideen steckt.