„DIVINE X DESIGN“-SONDERAUSSTELLUNG ALS KOOPERATION ZWISCHEN FACHBEREICH DESIGN (AMD) DER HOCHSCHULE FRESENIUS UND DEN STAATLICHEN ANTIKENSAMMLUNGEN UND GLYPTOTHEK MÜNCHEN (5.4.-08.10.2017)
Der Vizepräsident der Hochschule Fresenius, Prof. Dr. Ekkehart Baumgartner, Museumsdirektor Dr. Florian Knauß und Ministerialdirigent des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung Kunst, Toni Schmidt, sprachen zur Eröffnung. Baumgartner hob in seiner Rede hervor, wie prägend die Kooperationen von Hochschulen mit Museen sind. „Geschichte und Gedächtnis sind gerade in einer Zeit, in der sich alles um Gegenwart und Zukunft dreht, besonders wichtig, um unseren Studierenden ein Urteilsvermögen zu vermitteln.“
Entsprechend ist die Zukunft der Mode angesprochen, die sich in besonderer Weise über den Rekurs der Vergangenheit innovativ gestalten lässt. Unter dem Leitsatz des Philosophen Odo Marquart „Keine Zukunft ohne Herkunft“ wird der Schwerpunkt auf die Antikenrezeption gelegt, die von den Studierenden unter Betreuung von Prof. Ulrike Nägele und Sabine Resch nach neuen Gestaltungsmethoden empirisch neu erschlossen wurde. Im Modedesign ist die grundlegende Auseinandersetzung mit der antiken Skulptur keine Selbstverständlichkeit, deren wegweisendes Ergebnis darin besteht, dass über die Anverwandlung antiker Kleidermotive neue Kostüme entstehen, die neue Identitäten generieren.
Und hier setzte das Projekt an, indem der Versuch unternommen wurde, den modetheoretischen Begriff der Identitätsstiftung zu erweitern. Die Reizworte sind „fashion connotation” und “inheriting and developing culture”, die nun eine Akzentverschiebung erfahren sollen. Denn in der Modetheorie bislang unberücksichtigt geblieben ist die dezidiert historische Perspektive. Während Kostüm- und Modegeschichte generell als Evolution und Überwindung der Vergangenheit gedeutet wird, soll der historische Ansatz nun mittels der Antikenrezeption zeigen, dass Identitätsstiftung weniger eine Überwindungs- denn eine Rezeptionsleistung ist. Dabei ist etwa für die regionale Identität nicht entscheidend, die Tracht einer bestimmten Region (beliebtes Bsp.: die bayerische Lederhose) weiterzuentwickeln. Vielmehr setzt in dem hier vorgestellten Forschungsprojekt der Ausstellung der Fokus auf die Wiege der europäischen Kultur, die sich in der griechischen und römischen Antike manifestiert. Indem die Studierenden des Modedesigns sich die antike Ästhetik wissenschaftlich erschlossen und über Form- und Stilanalysen ein Verständnis für die Kleiderkultur der Zeit zwischen 400 v. Chr. und 200 n. Chr. an den Vorbildern der Münchner Glyptothek entwickelten, konnten sie in einem weiteren Schritt hieraus eigene Modelle entwickeln. Im Vordergrund stand dabei nicht die Funktion des Gewandes, sondern vielmehr ihre ästhetische Anmutung und Gestaltungsdiversität. Letztere wird massiv von der unterschiedlichen Herkunft der jungen Designer beeinflusst. Deren kulturelle Prägung konditioniert ihre eigene Antikenrezeption. Doch bei allen Unterschieden der Individuen bildet die antike Ästhetik gewissermaßen einen gemeinsamen Nenner, der die unterschiedlichen Kulturen der Designer:innen zu einer gemeinsamen Identität verschmelzen lässt. Diese Identität birgt eine europäische Schnittmenge (Antike), mit globalisiertem Einschlag interkultureller Überschneidungen (Provenienz der Designer:innen). Die Antikenrezeption ist so gesehen ein Schwungrad neuer, verbindender und nicht trennender Identitätsbildung. Während die klassischen Modetheorie, auf Georg Simmel (1906) gründend, die Modedynamik vor dem gesellschaftlichen Hintergrund immer noch als Vehikel der Distinktion sieht, ist nun im Gegenzug dazu die geschichtsbewusste Mode nicht das Trennende, sondern vielmehr das Verbindende in der Gesellschaft adressiert worden. Mode und Antikenrezeption sind keine Gegensätze, sondern sie bilden in der intensiven Auseinandersetzung eine Synthese, die für eine kulturelle Identität der vestimentären Zukunft Grenzen öffnet.